Un­sa­nierte Häu­ser - sieben­fache Kos­ten für das Hei­zen mit Gas

Auf einen Blick

KlimaEnergieGebäude & Wärme

| Analyse, 12.09.2023

  • Bewohnerinnen und Bewohner von Häusern, die in einem energetisch schlechten Zustand sind, zahlen ein Vielfaches mehr für das Heizen mit Gas als Bewohnende von sehr gut sanierten Häusern.
  • Über 3 Millionen Wohngebäude in Deutschland gehören den schlechtesten Energieeffizienzklassen an. Ihre Bewohnenden müssen siebenmal mehr Gas verheizen als Bewohnende eines energieeffizienten Hauses, um ihre Wohnungen auf Raumtemperatur halten zu können.
  • Die Auflösung des Sanierungsstaus im Gebäudebestand ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.

Der Bundestag stimmt am Freitag, 8. September 2023, über die kontrovers diskutierte Änderung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) ab. Während sich die politische und öffentliche Debatte vorwiegend um die verschiedenen Heizungsarten drehte, blieb ein zentrales Werkzeug, um Heizkosten und Treibhausgasemissionen dauerhaft einzusparen, unbeachtet: die energetische Sanierung der Häuser.

Aus diesem Anlass hat die Initiative Klimaneutrales Deutschland (IKND) analysiert, wie sich der energetische Zustand von Häusern und Wohnungen unterschiedlicher Energieeffizienzklassen auf die durchschnittlichen Gaskosten der Bewohnenden auswirken. Jede zweite Heizung in Deutschland wird mit Gas betrieben. 60 Prozent der Gasheizungen steht in Gebäuden, die vor 1978 erbaut wurden und bei deren Bau Energieeffizienz keine Rolle gespielt hat. Die Analyse zeigt: die Gasrechnung beträgt sowohl für Menschen in Einfamilienhäusern als auch in Miet- oder Eigentumswohnungen der schlechtesten Effizienzklasse H im Durchschnitt fast das Siebenfache. Das ergibt sich aus dem höheren Grundverbrauch.

In den unsanierten Bestandswohnungen müssen die Bewohnenden demnach siebenmal mehr Gas verheizen als Bewohnende eines energieeffizienten Hauses, um ihre Wohnungen auf Raumtemperatur halten zu können. An diesem gravierenden Unterschied ändert auch die Gaspreisbremse nichts, die die Bundesregierung bis Ostern 2024 verlängert hat. Auch sparsames Verhalten kann dem nur begrenzt entgegenwirken. In Deutschland gehören 17 Prozent aller Wohngebäude den schlechtesten Effizienzklassen an. Das sind mehr als drei Millionen Häuser.

Die Grundlage der dieser Berechnungen sind ein Einfamilienhaus mit 150 m2 Wohnfläche sowie eine Wohnung mit 75 m2 Wohnfläche. Beides sind jeweils die durchschnittliche Wohnfläche eines Einfamilienhauses oder einer Wohnung in Deutschland. Der Vergleich bezieht die Energieeffizienzklasse D ein, da das durchschnittliche deutsche Haus einen Energiebedarf von rund 125 kWh/m2 pro Jahr hat und sich somit in dieser Klasse befindet. Über ein Fünftel aller Wohngebäude in Deutschland hat die Energieeffizienzklasse D; was einem gut sanierten Altbau entspricht.

Welchen Unterschied der energetische Zustand des eigenen Hauses bei den Heizkosten macht, zeigte die Gasversorgungskrise im letzten Jahr deutlich (siehe Grafik 1 & 2). Die turnusmäßigen Heizkostenabrechnungen für 2022, erreichen die Privathaushalte nun nach und nach. Bei gleichbleibendem Verbrauch blicken die Bewohnenden des Hauses H, das also der schlechtesten Effizienzklasse angehört, auf eine Jahresrechnung von 8.250 Euro. Haus D und Haus A haben mit respektive 3.750 Euro und 1.200 Euro zwar auch deutlich höhere Heizkosten, die Mehrkosten der drei Häuser unterscheiden sich jedoch drastisch: Haus A zahlt 840 Euro mehr, Haus D hat 2.625 Euro Mehrkosten, Haus H muss 5.775 Euro mehr für Heizen ausgeben.

Aber bereits vor Russlands Einmarsch in die Ukraine lagen die Heizkosten für Bewohnende eines durchschnittlich großen Einfamilienhauses der Energieeffizienzklasse H (Haus H) über 2.000 Euro höher als für Bewohnende ein gleich großes Haus der Energieeffizienzklasse A (Haus A). Haus A zahlte 360 Euro, während Haus H eine Rechnung von 2.475 Euro begleichen musste.

Der Gaspreis ist aktuell (August 2023) mit durchschnittlich 14 Cent mehr als doppelt so hoch wie noch 2021. Experten gehen davon aus, dass der Gaspreis dieses Niveau fürs Erste halten wird. Das bedeutet für die Bewohnenden des Haus H Gaskosten von 5.775 Euro. Sie zahlen für das Beheizen ihrer Häuser 3.150 Euro mehr als das deutsche Durchschnittshaus D und 4.935 Euro mehr als das energetische sehr gute Haus A. Nach zwei Jahren hätte man von den Mehrkosten fürs Heizen bereits die Innendämmung des Hauses bezahlen können, um den Gasverbrauch langfristig zu senken ohne Wohnkomfort einzubüßen.

Bei 75m2-Wohnungen in Gebäuden der Energieeffizienzklasse H (Wohnung H) liegen die Kosten für 2022 bei 4.125 Euro – über 3.500 Euro mehr als für eine gleich große Wohnung der Klasse A, also der energetisch besten Klasse, anfallen. Auch für das Jahr 2023 werden Bewohnende von Eigentums- und Mietwohnung der schlechtesten Energieeffizienzklasse H siebenmal so viel fürs Heizen zahlen, wie Bewohnende der Wohnung A. Während Wohnung H Heizkosten von 2.888 Euro erwartet, sind es bei Wohnung D nur 1.313 Euro und bei Wohnung A nur 420 Euro. Das zeigt, dass die Warmmieten je nach energetischem Zustand des Wohngebäudes stark variieren können.

Der große Unterschied bei den Heizkosten wird zunehmend zu einer Frage der sozialen Gerechtigkeit. Von den rund 14 Millionen Deutschen, die in selbstgenutztem Eigentum in Ein- und Zweifamilienhäusern wohnen, sind 11 Prozent im unteren Einkommensdrittel verortet. Mehr als die Hälfte der Häuser werden von Paaren ohne Kinder bewohnt, davon sind über 40 Prozent im Rentenalter.

Eine Umfrage der IKND unter Hausbesitzenden im Sommer 2022 zeigt, dass die meisten von ihnen nur sehr wenig über den eigenen Energieverbrauch, laufende Energiekosten oder mögliche Einsparpotenziale durch kleinere oder größere Sanierungen wissen. An dieser Stelle braucht es gezielte Informationen, die Hausbesitzenden Einsparpotenziale und weitere Vorteile einer Sanierung erläutern. Anlässe neben Hauskauf, Umbau oder Schadensfall können beispielsweise die jährliche Energiekostenabrechnung, Thermenwartung etc. sein. Verstärkte Aufklärung über Vorteile und Förderung sind essenziell für eine Steigerung der Sanierungsquote.

 

Methode:

Der Berechnung wurden die Erdgaspreise für Haushaltskunden von Anfang August 2021, Mitte Dezember 2022 und August 2023 zugrunde gelegt. Im August 2021 lag der Preis noch bei 6 ct/kWh. Im Dezember 2022 lag er bei mehr als dem Dreifachen mit 20 ct/kWh. Im August 2023 lag der durchschnittliche Gaspreis bei 14 ct/kWh. Diese Werte wurden mit den mittleren Energieverbrauchswerten abhängig der Effizienzklasse für ein beispielhaftes Haus sowie eine beispielhafte Wohnung multipliziert, um die Gaskosten zu erhalten. Dabei wurde ein gleichbleibender Verbrauch zum Vorjahr angenommen.

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